Über die Schönheit des Abgründigen und die Hintergründigkeit des
Phantastischen
Die Bildwelten der Malerin Andrea Lehmann
Was wäre eine Phantasie ohne die Allegorien des Abgründigen anzuschauen und die Fanale
der Widerspenstigen zu setzen? Wie entstehen phantastische Seinsweisen sonst, als auch mit
Rücksichtnahme auf irreale und sonderbare Wunder… die einen erahnen lassen, dass der
Abgrund nahe ist… und doch die Gewissheit übrig lassen, man verweile im Schutz der realen
Welt, von Dämonen und Wesenheiten verschont… In Andrea Lehmans Werken tauchen
diese Gestalten und Anschauungsformen der phantastischen Wesen und surrealen
Traumwelten in Sequenzen auf. Es sind eindringliche innere Bilder, die den Blick richten auf
die Wesenheiten der mythischen Welt und zugleich öffnen sie einen Blick auf die
Anschauung von realen und alltäglichen Erzählungen der Gegenwart. Die Verbindungswelten
der alten und neuen Zeit erscheinen sodann als hintergründige Vorstellung und geben den
mythischen Wesenheiten Raum und Substanz, aus denen sich dann menschliche
Manifestationen wie Emotion und Aberglaube zu den realen Seinsweisen unserer Welt
destillieren. Dadurch entstehen Welten, die mit Ihrer Schönheit und Ausstattung, den
Betrachter in die tiefen Schichten menschlicher Vorstellungskraft begleiten und ihm die
phantastischen Erscheinungen der Zwischenwelten als Spiegelbild seines inneren Selbst zur
Seite stellen.
Die Vorstellungen, die sich manifest und eigentümlich argonautisch, – feen- und zugleich
sagenhaft, in Andrea Lehmanns Bildern entfalten, zeigen in den Figuren und Geschöpfen des
phantastischen Realismus auf abgründige und zugleich wundersame Weise das Erleben von
real gewordenen Stimmungen. Die Alte Welt erlebt sich in ihnen selbst und mit ihr der
Betrachter im Bild und in realistischen manifesten Wirklichkeiten. Es ist fast so, – als tauche
man ein in die unbewusste alte Welt der Verfänglichkeit, die sich als Substrat hinter dem
Abbild manifestiert hat. Sie zeigt uns vordergründig das, was hinter uns liegt und erinnert an
die Spur, die in die Gegenwart führt. Damit wird sie in der Phantasie real und geleitet uns in
die heutigen Erscheinungsformen von Welt und Wirklichkeit – immer noch als Phantasie. So
sind die Arbeiten von Andrea Lehmann in vielerlei Hinsichten außergewöhnlich
eindrucksvoll. Sie wirken magisch und rätselhaft zugleich und man erahnt, den Blick nach
innen richtend, die Abgründigkeit der Wirklichkeiten unserer Welt und Anschauung, die wie
phantastische Vorkommnisse ihr Versteck im Unbewussten suchen. Die Phantasie taucht vor
uns auf als ein Abbild innerer Emotionen, – von inneren Vorgängen psychischen Seins und
Erzählens begleitet. Dadurch erlebt der Betrachter die Welt der Mythen, der Märchen und
Legenden neu. Und so öffnen sich beinahe magische Vorstellungen von Überzeugung,
innerer Verfasstheit und realem Erleben. Die Emotion, die sich abbildet, berührt den
Betrachtenden in dieser Innerlichkeit und legt sich über die Anschauung. So legen die
Wesenheiten und Erzähler, die Emotion und die manifesten Wirklichkeiten, die Drachen und
Nereiden uns die Welten nahe, die als reale Welten des Abgründigen im Phantastischen zu
ergründen wären.